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Diese Seite dokumentiert den Glasfaserausbau am Beispiel der Stadt Neuötting in Oberbayern anhand meiner eigenen Erfahrungen und wird laufend aktualisiert.
Nach Abschluss des Breitbandausbaus in FTTC-Bauweise sind die Möglichkeiten der Versorgung mit schnellem Internet über Kupferkabel oder Koaxialkabel ausgereizt. Nächster Schritt ist die Versorgung der Haushalte und Gewerbebetriebe mit einem direkten Glasfaseranschluss bis ins Haus, dem FTTH - fiber to the home.
Für alle Mitlesenden aus anderen Regionen: Neuötting ist eine Stadt im südöstlichen Oberbayern mit rund 9.000 Einwohnern, 4.200 Haushalten und einer Fläche von 36,6 km2.
Anfang März - Die Vermarktung der Telekom wird sichtbar: mit "Glasfaser jetzt hier verfügbar"- Plakaten beklebte Schaltkästen, Werbung der Handelspartner usw.
8.2.2023 - Infoveranstaltung des Resellers 1&1: die Bauarbeiten sollen in der zweiten Jahreshälfte starten und der Ausbau soll bereits voraussichtlich Ende 2023 abgeschlossen werden. Aktuell wäre dies ein Widerspruch zu den Aussagen der Telekom, die 2024 ausbauen möchte.
Laut den Ausbaukarten von Telekom und 1&1 soll nur das Kerngebiet der Stadt ausgebaut werden. Bereiche wie die äußere Eschlbacher Straße, äußere Holzhauser Straße, das Michaelifeld östlich der Burghauser Straße und das Gewerbegebiet Inn-Center wären genauso wenig dabei wie Alzgern (siehe Ausbaukarte).
Die Telekom versendet - zumindest an Geschäftskunden - ein Mailing mit der Aussage "Glasfaser liegt jetzt vor Ihrer Tür. Holen Sie sich den Glasfaser-Anschluss in Ihr Unternehmen!" und weiter "Sie befinden sich in einem Glasfaser-Ausbaugebiet"; ohne Zeitangabe, auch nicht im Kleingedruckten.
Eine gewagte Aussage, da weder "jetzt" noch "vor Ihrer Tür"zu den andernorts genannten Ausbauplänen passt.
Werbeplakat von 1&1 (Januar 2023)
Da nun mindestens zwei Anbieter "im Rennen" um den Glasfaserausbau in Neuötting sind, habe ich mal einen Preisvergleich zwischen den Anbietern angestellt. Die Angaben beruhen auf den Daten der jeweiligen Websites mit Stand Januar 2023 und sind ohne Gewähr.
Zum Vergleich wird der Privatkundentarif für Internet und Telefonie, der mind. >100 Mbit/s im Download liefert, herangezogen. Neukunden- und Wechselrabatte, Bereitstellungsgebühren etc. wurden nicht berücksichtigt.
Deutsche Telekom |
Deutsche Giganetz |
Tarif Magenta Zuhause XL 250 Mbit/s im Download 50 Mbit/s um Upload Telefon-Flatrate ins deutsche Festnetz und Mobilfunknetz |
Tarif MyNet 300 300 Mbit/s im Download 150 Mbit/s im Upload Telefonie ab 2,9 ct./min. ins Festnetz |
54,95 EUR brutto/Monat (0,2198 EUR pro MBit) |
44,90 EUR brutto/Monat Für Geschäftskunden**: 59,80 EUR/M inkl. Router (0,15 bzw. 0,20 EUR pro Mbit) |
Der "echte" Gigabit-Tarif mit 1 Gigabit Download (200 Mbit/s Upload) kostet bei der Telekom derzeit 79,95 EUR/Monat, bei der Deutschen Giganetz (1000 Mbit/s down, 500 Mbit/s up) 74,90 EUR/Monat (89,80 EUR für Geschäftskunden).
Zu beachten ist jedoch das Kleingedruckte:
** Betrachtet man die Leistungsbeschreibung der Deutschen Giganetz, so werden die Nutzungsbedingungen sehr streng ausgelegt: "Das Privatkunden-Produkt MyNet mit allen Tarifen und Optionen darf während der Vertragslaufzeit ausschließlich mit einem zusätzlich gebuchten Professional Package auch zu kommerziellen, freiberuflichen und gewerblichen Zwecken genutzt werden."
Bei der Deutschen Telekom gibt es die Einschränkung offenbar nicht. Bleibt die Frage, wie weit "kommerziell" auszulegen ist. Darf ein Privatkundentarif überhaupt für Homeoffice oder online-Auktionen genutzt werden?
Wichtig sind auch die Inklusivleistungen bei der Kabelverlegung: die Telekom verlegt die Leitung bis 3 m nach Hauseingang bzw. 20 m bei vorbereiteter Leitungsführung, bei der Deutschen Giganetz sind es 2 m.
Der Stadtrat lehnt eine Kooperationsvereinbarung mit der Deutschen Giganetz "auf Grund der Tatsache, dass jetzt etwas Bewegung in den Markt gekommen ist und man damit rechnet, dass mehrere Anbieter sich der Thematik Glasfaserausbau in Neuötting annehmen", ab (Zitat aus Stadtratsprotokoll), sondern möchte den Markt weiter zu beobachten. U.a. soll es Anfang Januar ein Gespräch mit der Telekom geben.
Laut Pressebericht ist den Bürgervertretern wichtig, dass v.a. "der Außenbereich vom Ausbau profitieren müsse".
Anmerkung: warum ist den Gremien der Außenbereich so wichtig? Fakt ist, dass der Außenbereich, sprich Ortsteile und Einzelgehöfte, heute oft besser versorgt ist als Gebiete in der Kernstadt mit deutlich höherer Bevölkerungsdichte. Es ist aber auch klar, dass die Versorgung der Außengebiete für die Netzbetreiber sehr aufwändig ist und sich oft nicht rechnet. Will man zugunsten Weniger auf einen Glasfaserausbau für den Großteil der Anschlüsse verzichten oder verzögern?
Ich persönlich rechne damit, dass sich ausser der Telekom kein weiterer Anbieter mehr in Sachen Glasfaser in Neuötting engagieren wird, da gerade neue Marktteilnehmer immer auf Kooperationen mit den Kommunen setzen.
Im Dezember zeigt die interaktive Ausbaukarte der Telekom für große Teile des Stadtgebiets die Verfügbarkeit von "Gigabit" an. Bei Klick erfährt man, dass der Glasfaserausbau in Neuötting zwischen 1.1.2024 und 30.12.2024 geplant ist. Bereits jetzt kann ein Glasfaseranschluss vorbestellt werden.
Screenshot: Website der Telekom (6.12.2022)
Es ist also offenbar ein eigenwirtschaftlicher Ausbau ohne vorherige Nachfragebündelung geplant. Anders als in anderen Städten, in denen ein Ausbau für 2024 oder noch später bereits per Pressemitteilung angekündigt worden ist (Beispiel), gibt es für Neuötting noch keine offiziellen Presseinformationen.
Ob dieser Ausbau nun ohnehin geplant war oder es aufgrund der geplanten Aktivitäten des Wettbewerbers Deutsche Giganetz jetzt schneller vorangeht, bleibt offen.
Nach Rückfrage im Städtischen Bauamt sind die Pläne der Telekom bei der Stadt bekannt. Ob (dennoch) ein Kooperationsvertrag mit der Deutschen Giganetz eingegangen wird, sei noch offen. Im schlimmsten Fall kann aber sein, dass beide Anbieter ausbauen und sich damit "überbauen", was auch in anderen Regionen bereits passiert.
Bei genauerer Betrachtung der Ausbaukarte soll die Kernstadt weitgehend ausgebaut werden, Alzgern sowie das Gewerbegebiet Inn-Center nicht.
Kurze Zeit später geben auch Reseller wie 1&1 und Telefonica / O2 eine Verfügbarkeit von Glasfaser für 2024 an.
Der FTTH-Ausbau aus dem 2. Förderverfahren ist offenbar nur abgeschlossen, was den Tiefbau betrifft. Denn für eine geprüfte Adresse wird im Januar 2023 angegeben: "Das Gebäude ist bereits an das Glasfaser-Netz angeschlossen. Um Sie mit Glasfaser zu versorgen, sind nur noch kleinere Arbeiten innerhalb des Gebäudes erforderlich."
Die Deutsche Giganetz stellt sich auch im Neuöttinger Stadtrat vor. Etwa 93% aller Anschlüsse sollen eigenwirtschaftlich ausgebaut werden, wenn in der Vorvermarktung (Nachfragebündelung) die nötige Quote von 40% an Verträgen zustande kommt.
Der Ausbau könne im Sommer 2023 starten und würde etwa 1,5 Jahre dauern.
Der Abschluss eines Kooperationsvertrags wird noch nicht beschlossen. Man wolle sich andere Anbieter anschauen und zudem Fördermöglichkeiten für die restlichen 7% der Anschlüsse prüfen.
Der Anbieter "Deutsche Giganetz" stellt sich in einigen Stadt- und Gemeinderatsgremien im Landkreis vor und strebt einen eigenwirtschaftlichen Vollausbau mit Glasfaseranschlüssen (FTTH) an. Dafür sollen Kooperationsverträge mit dem Anbieter geschlossen werden.
Wenn sich Kunden im Rahmen der Vorvermarktung für einen Anschluss entscheiden, ist der Ausbau für sie kostenlos. Auch auf die Gemeinde kommen keine Kosten zu.
Den Fortschritt in anderen Städten und Gemeinden im Landkreis Altötting habe ich auf einer eigenen Seite zusammengefasst: Glasfaserausbau Landkreis Altötting
Die Deutsche Telekom kündigt an, dass sie mit allen Städten und Gemeinden in Bayern den Dialog sucht , um über den flächendeckenden Glasfaserausbau zu sprechen. Aus der Presse und im Internet ist zu erfahren, dass Gemeinden proaktiv auf die Telekom oder andere Anbieter zugehen, sich um einen zügigen Ausbau bemühen und Kooperationen eingehen. Schließlich sei die Versorgung mit schnellem Internet auch ein Standortfaktor. Und in Neuötting...
...erscheint ein Pressebericht über eine Diskussion des Stadtrats zum Ausbau der Berliner Straße, die für 2023 geplant ist: es gibt eine Diskussion darüber, ob eine "Verlegung von Leerrohren für einen späteren Glasfaserausbau wirklich nötig sei". Darüber, dass man im Zuge des Ausbaus gleich Glasfaser (und nicht nur Leerrohre) mit verlegen könnte, wird scheinbar gar nicht gesprochen.
Laut DigiNetz-Gesetz muss künftig "bei jeder Baustelle von Verkehrswegen der weitere Bedarf für den Breitbandausbau durch Mitverlegung von Glasfaserkabeln erfüllt werden".
Die Stadt steigt - diesmal als vorletzte Kommune im Landkreis- in das "Kombinierte Markterkundungsverfahren zum Aufbau eines gigabitfähigen Breitbandnetzes" ein. Die Markterkundung wird laut Förderdatenbank im August gestoppt.
Die Bauarbeiten für das 2. Förderprogramm starten. Einzelgehöfte sowie das Gewerbegebiet "Am Hergraben" werden von der Deutschen Telekom mit FTTH ausgebaut.
Erstaunliches Detail: an Strecken, in denen bereits Glasfaserkabel und Leerrohre liegen, müssen teils noch mal Straßen aufgerissen werden.
Im Rahmen eines speziellen Förderprogramms werden das Rathaus und die Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen.
Das Ortsgebiet des Stadtteils Alzgern wird von der Telekom mit Super-Vectoring ausgebaut (FTTC), ebenso andere Orte im Landkreis. Obwohl die Aussage der Telekom war, dass der Vectoringausbau im Jahr 2020 abgeschlossen worden sei und man sich jetzt auf Glasfaser konzentriere.
Zur Vorgeschichte des Breitbandausbaus siehe Teil 1 der Dokumentation.
In 2020 sind etwa 1% der Anschlüsse in Neuötting direkte Glasfaseranschlüsse. Dies ist v.a. das Neubaugebiet "Michaelifeld Süd 2". Die Deutsche Telekom beginnt, Neubauten mit FTTH zu versorgen.
Ein ansässiger Elektrofachmarkt im Gewerbegebiet Inn-Center (in dem bisher oft nur <50Mbit/s erreicht werden), lässt sich 2019 auf eigene Kosten für einen hohen fünfstelligen Betrag einen Glasfaseranschluss ins Haus legen.
Bei diversen Straßenbauarbeiten, z.B. der Verlegung von Gasleitungen, werden keine Leerrohre mitberücksichtigt. In anderen Orten gibt es dagegen Kooperationen zwischen z.B. Gasnetzbetreibern und Telekommunikationsanbietern, um Synergien beim Ausbau zu schaffen.
Persönlich habe ich zum damaligen Zeitpunkt damit gerechnet, dass Neuötting analog der "Digitalisierung" der analogen Telefonanschlüsse 1996/1997 und dem Vectoring-Ausbau wieder erst "sehr spät drankommt" und vor 2028/2029 nicht an einen Glasfaserausbau zu denken ist.
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